Sonntag, 19. September 2010

Verkehr in Kolkata

Ich hatte ja geschrieben, daß ich mal einen eigenen Eintrag zum Thema Verkehr mache. Mittlerweile hat sich bei mir genügend Bildmatrial und Adrenalin angesammelt, um das Ganze anschaulich rüber bringen zu können.

Ich weiß gar nicht genau wo ich anfangen soll, vielleicht so. Der Verkehr in Indien ist irgendwie magisch und als erstes ist mir eine Szene aus Harry Potter (Der Gefangene von Azkaban) eingefallen, in der Harry von zu Hause abhaut, nachdem er seine Tante aufgeblasen hat (ein Mann muß tun was ein Mann tun muß) und in diesen magischen Bus steigt (der Fahrende Ritter). Für die, die hier eine Bildungslücke haben, weil sie weder das Buch gelesen, noch den Film gesehen haben hier nochmal ein Ausschnitt der entsprechenden Beschreibung aus Wikipedia sowie die Szene aus dem Film (bitte beides erstmal lesen, bzw. anschauen)


Fahrender Ritter

Der Fahrende Ritter (im Original Knight Bus, Knight bedeutet Ritter und ist homophon zu Night, welches Nacht bedeutet) ist in der magischen Welt das Äquivalent zum öffentlichen Nah- und Fernverkehr der Muggel.
Den englischen Routemaster-Doppeldeckerbussen nachempfunden sammelt der grell purpurfarbene Dreidecker in ganz England, Schottland und Wales gestrandete Hexen und Zauberer auf, um sie gegen ein geringes Entgelt (11 Sickel) zu einem Zielort ihrer Wahl zu befördern. Dabei rast er, für Muggel nicht wahrnehmbar, durch die Straßen und veranlasst jedes Hindernis dazu, aus dem Weg „zu hüpfen“. Auf langen Strecken kann er ruckartig und von einem lauten Knall begleitet bis zu 150 km überspringen. Die Innenausstattung passt sich der Uhrzeit entsprechend an: Wo nachts Betten stehen, warten tagsüber Sessel.



Hier die Analogien zu den Taxis in Kolkata:

  • geringes Entgeld: Für 11 Rupien kommt ca. 1 km weit, d.h. für eine Strecke von 18km zahlt man ca. 3€
  • grell purpurfarbene Dreidecker, den englischen Routemastern nachempfunden: grell gelbfarbene Ambassadors, deren Designer in den 50 Jahren verstorben sein muß die, da seitdem kein neuer eingestellt wurde, daher genauso weiter gebaut werden (genau wie bei den englischen Bussen). Da ungefähr zur gleichen Zeit auch die Maschinenbauer zumindest ihren Wissenstand eingefroren haben, ist das Gefährt mit einem Motor ausgerüstet, der prima an die indischen Verhältnisse angepasst ist. Jeder mit ein wenig McGyver-Blut in den Adern ist in der Lage, den Motor mit einem alten Regenschirmgestell, einer Fahrradspeiche oder einer alten Sandale wieder zum Laufen zu bringen.
  • Wo nachts Betten stehen warten tagsüber Sessel: Der Ambassador ist jeweils vorn und hinten mit durchgehenden Sitzbänken ausgestattet und ich bin mir fast sicher, daß diese nachts als Bett für den Fahrer und tagsüber als Sitzgelegenheit für die Fahrgäste genutzt weden.
  • rast ...durch die Straßen und veranlasst jedes Hindernis dazu, aus dem Weg „zu hüpfen“: In der Tat habe ich den Eindruck, daß hier irgendwas überirdisches den Verkehrsfluß steuert. Alles fließt irgendwie mehr oder weniger auf engstem Raum, obwohl Menschen, Rikschas und Fahrräder hier noch achtspurige Straßen überqueren (lebend!). Der Taxifahrer steuert unter kräftigem Hupeinsatz (ohne Hupe ist das Auto praktisch bewegungsunfähig) auf Lücken im Verkehr zu, bei denen ich mit dem Fahrrad schon aufpassen würde, daß ich nirgendwo anschramme und irgendwie passt dann doch alles ineinander (entweder wird die Lücke durch magisches Gehupe größer oder das Taxi wird, wie in der Filmszene, schmaler).
Die oben erwähnte 8-spurige Straße ist übrigens eigentlich 4-spurig, aber wenn man die Aussenspiegel einklappt oder abschraubt (was die meisten Inder machen) und man mit der einfachen Formel: Spurbreite = Wagenbreite + 0,03m rechnet, passen locker 8 Autos nebeneinander und noch ein paar Auto-Rikschas in die Lücken.

Eine ziemlich gute Hilfe beim Überqueren von Straßen sind (laut meinem Reiseführer) übrigens Kühe. Wenn diese zufällig den gleichen Weg haben und auch die Straße überqueren wollen, dann hält man sich einfach im "Kuhschatten", also hinter der Kuh auf. Diese temporäre Heiligsprechung wirkt hier in Indien auf jeden Fall besser, als auf den Heiligen Christophorus oder eine grüne Fußgängerampel zu warten. Allerdings hatte ich hier bisher keine Kuh zur Hand wenn ich wirklich eine brauchte.

Anbei noch ein paar Impressionen per YouTube und ein paar Bilder

kleiner, aber ausreichender "Kuhschatten", wenn er denn auch über die Straße will.


Kolkata hat auch eine Straßenbahn - echt massiv



Heute wird ein Gott geehrt, der allgemein für Antrieb und Bewegung zuständig ist, daher sind alle Busse, Taxis und Auto-Rikschas mit Blumen geschmückt.




Taxis dominieren den Verkehr und unter Monsun-Bedingungen ist es gut, den einen oder andern Schutzgott dabei zu haben.
  

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